Vorstandsmitglied Ruth Lydia Koch und Präsidentin Barbara Simeon waren Mitte Juni bis Anfang August auf einer privaten Reise im Hohen Altai im Sommerlager der Nomaden – ein Bericht über die Reise und die Situation einige Monate nach der Winterhilfe von Ruth Lydia Koch.
Wir konnten in der Zeit im Kharaganatal, wo wir mit den Nomaden in Jurten lebten, immer wieder Nomadenfamilien treffen, die im Winter von der grossen Kälte und Not betroffen waren. Und immer sprachen sie uns ihren tief empfundenen Dank für die Winterhilfe aus.
Ganz besonders war es an einem Abend, an dem wir nach einem ereignis- und arbeitsreichen Tag in der Jurte von Dschapan sassen. Dschapans Frau, Adia, kochte die frisch gemolkene Milch in einer grossen weiten „Pfanne“ über dem offenen Herdfeuer, sicher 25 Liter. Es ist eine fast feierliche Stimmung in dem unscharfen Licht der kleinen Solarlampe und des offenen Feuers. Sechs Männer mit wettergegerbten Gesichtern, gekleidet in ihren Deel, sind bereit uns zu berichten wie es den Menschen und Tieren jetzt im Sommer geht. Es wird ein langes und intensives Gespräch. Wir werden mit Milchtee bewirtet. Sehr aufmerksam und konzentriert hören die Männer zu – ab und zu nicken sie zustimmend. Jeder kommt zu Wort. Galtaikhuu übersetzt in beide Richtungen.
Dieser Winter hat bereits im November mit lang anhaltendem sehr kalten Wind und eisigen Temperaturen von euch und den Tieren vieles abgefordert. Ende Februar kam die Winterhilfe zu euch ins Winterlager. Wie ist es euch nach der Hilfe ergangen?
Die Unterstützung kam wahrlich in letzter Minute, antwortet ein Nomade. Wir waren am Ende, hatten schon all unser Geld in zusätzliches Futter investiert. Um den Rest unsere Tiere zu retten, hätten wir einen „Vorkredit“ (es gibt private Kreditinstitute, wo man als Bedingung für einen Kredit zuerst EUR 30 bezahlen muss und Mitglied werden) mit sehr hohen Zinsen (30%) aufnehmen müssen. Das heisst, wir hätten den zukünftigen möglichen Ertrag aus dem Kaschmir- und anderen Woll-Verkauf im Frühjahr bereits jetzt investieren müssen. Durch die Hilfe aus dem fernen Europa konnte also eine sehr schwierige Zeit überstanden werden. Das war eine sehr, sehr grosse Hilfe in grösster Not und sozusagen in letzter Minute.
Konnten die Jungtiere, die Frischgeborenen, überleben? Wie geht es den Tieren jetzt?
Die überlebenden Tiere konnten dank der Winterhilfe einigermassen gut über die Runden gekommen. Die Jungtiere kamen auf die Welt und die meisten überlebten.
Das Klima hat sich verändert. Was stellt ihr euch für die Zukunft vor? Könnte man etwas anders machen, etwas verbessern. Seht ihr mögliche wirtschaftliche und viehzuchtrelevante Veränderungsmöglichkeiten?
Wir leben seit Urgedenken mit der Natur, wir achten und ehren sie. Wir sollten in Zukunft mehr an Qualität und nicht an Quantität denken. Wir haben von Russland gehört, dass man an kahlen Stellen in Heugebieten geeignetere Samen säen kann – das gäbe besseres Heu. Es gäbe eventuell auch für uns eine Möglichkeit im Gebiet Zengel auf einem grösseren Grundstück Samen auszubringen für den Wintervorrat, Wir haben wenig Erfahrung damit, hoffen aber auf Verbesserung des Wintervorrates.
Für den kommenden Winter sind wir zuversichtlich, da momentan gutes Futter zum Heuen wachsen. Wir waren auch im Winterlager und die Weiden haben durch den Schnee, der nochmals im Mai gekommen ist, viel Wasser bekommen und gedeihen gut.
Um mit weniger Tieren bessere Kaschmir-Qualität zu bekommen, brauchen wir bessere Böcke. Leider sind wir den Händlern ausgesetzt, die unsere gute Kaschmirwolle mit billiger Angorawolle aus Russland strecken.
Es ist tief beeindruckend wie gut und genau die Männer die Probleme ihrer Gemeinschaften sehen. Sehr umsichtig und bestens informiert arbeiten sie an deren Lösungen mit den Mitteln, die ihnen zur Verfügung stehen. Die Männer haben betont, dass sie sehr dankbar die Ideen und fachkundigen Anregungen annehmen wollen. OHfM ist mit mehreren Fachleuten aus der Schweiz dabei den Nomaden längerfristig zu einem besseren Einkommen zu verhelfen durch verschiedene Projekte. So hilft beispielsweise Stefan Schürmann, erfahrener Projektleiter im Bereich der internationalen Landwirtschaft, mit seinem Fachwissen den Tuwa-Nomaden. Zusätzlich unterstützt er sie auch finanziell, indem 5% seines Ertrages aus dem Bio-Fleisch-Verkauf an OHfM gespendet werden. (Siehe dazu www.bio-feld.ch)
Es ist Hilfe zur Selbsthilfe, die geschieht nicht von heute auf morgen. Es braucht noch viel Zeit und Geduld, wohl auch noch viele Gespräche, bis die Erkenntnisse umgesetzt werden können und die Massnahmen greifen. Unsere Solidarität, unsere Mitarbeit ist nach wie vor gefragt und wird mit Freude und grosser Dankbarkeit angenommen.
Was wir lernen können von den Nomadenmenschen im Hohen Altai ist „Achtung und Liebe bewahren zu allem und allen, was das All enthält“ wie es Galsan Tschinag so trefflich formuliert. Und wahrlich es täte – nein tut! – unseren westlichen Seelen unendlich gut!
Liebe Spender, hier finden Sie von den Nomaden, Möngöö, Ovanjiir und Zazek ihr ganz persönliches Dankeschön für die Winterhilfe.
Übersetzung Dankesworte vom Nomaden Möngöö:
Dank der Winterhilfe mit Heu und Kraftfutter, konnten wir ab diesem Zeitpunkt viele unserer Tiere gut über den Winter bringen. Unsere Nachbarsippe hat 200-300 Tiere verloren. Wir selber haben 5 Pferde, 6 Yaks und auch eine Reihe von Schafen und Ziegen verloren. Als die Winterhilfe ankam, haben wir danach keine Tier mehr verloren. Dank dieser grossen Unterstützung konnten wir alle unsere Tiere, die noch am Leben waren über den Winter bringen. Dafür möchte ich mich gerne bei allen Spendern ganz, ganz herzlich bedanken.
Übersetzung Dankesworte vom Nomaden Ovanjiir Ich habe letzten Winter fast 50% unseres Tierbestandes verloren. Ende November hatte es geschneit und gleich danach ab Dezember was die Kältewelle so schlimm und der Wind wollte nicht aufhören, dass die meisten Tiere dadurch sterben mussten. Dank dieser Unterstützung von Heu und Kraftfutter konnten wir die überlebenden Tiere ohne weitere Verluste über den Winter bringen. Meine kleine Sippe hat von 50 Yaks über 30 Rinder verloren, aber die überlebenden 20 Yaks konnten wir retten. Wir haben auch 60-70 Schafe und Ziegen verloren. Wenn wir diese Unterstützung von Heu und Kraftfutter nicht bekommen hätten, hätten wir weitere Kredite mit sehr hohen Zinsen aufnehmen müssen. Und dass wäre eine sehr grosse Belastung für uns gewesen. Dank dieser Unterstützung ist eine sehr grosse Last von unserem Rücken gefallen. Ich möchte im Namen unserer Sippe allen Spendern und Unterstützer herzlich danken. Dankeschön.
Übersetzung Dankesworte vom Nomaden Zazek Meine Familie hat im letzten Winter wenige Yaks verloren, aber dafür über 30% seiner Schafe und Ziegen. Es war besonders schwierig für die Muttertiere, weil die Jungtiere besonders schwer hatten weiter den Winter zu überstehen. Dank der Unterstützung von Heu und Kraftfutter konnten wir m März die Jungtiere besser auf der Welt empfangen. Im Herbst war er sehr kalt, besonders der Wind. Mit dem Heu und Kraftfutter konnten besonders die Jungtiere überleben. Jetzt sind wir im Sommerlager. Durch die Niederschläge und dem milden Klima haben wir im Sommerlager genügend Weideland für die Tiere. Wir sind den Spendern sehr, sehr dankbar.
Die Nomadin Tuja, hat als Dank für die Hilfe Barbara stellvertretend für den Verein ein junges Yak geschenkt, dass im April zur Welt kam. Sie will es gut umsorgen, denn wir konnten es ja nicht mitnehmen. Wir haben es „Schwarz-Weisschen“ getauft.
Das sind jetzt nur wenige Beispiele. Wir haben auf unserer Reise durch die Sommerlager der Nomaden viele Familien getroffen, die uns immer wieder ihren ehrlichen und tief empfundenen Dank ausgesprochen haben.
Sehr gerne geben wir Ihnen, liebe Spender, diesen Dank weiter.
Einige Abgeordneten des mongolischen Parlaments planen durch das grösste Naturschutzgebiet der Mongolei eine über 300 km lange Autohandelsstrasse und einen Grenzübergang nach China zu bauen um die Grundlage der Westmongolen zu verbessern, heisst es. Der alt/neue Grenzübergang „Naransevstei“ soll eine direkte Verbindung mit der chinesischen Provinz „Gansun“…
Ein neues Zeitalter hat begonnen. Die Gemeinschaft der Nomaden, das Sippenleben, bot ihnen über Jahrhunderte Schutz und Rettung. Das Spannungsfeld, dass die neue Zeit mit den Herausforderungen brachte, fordert einen radikalen Wandel. Die unvorhersehbaren Wetterphänomene, die Einbindung der Selbstversorger in den Geldkreislauf oder das Internet mit den (Ver) Lockungen…
Galsan Tschinag hat mittlerweile 39 Bücher in deutscher Sprache geschrieben. Davon wurden 15 in andere Sprachen übersetzt, hauptsächlich in Englisch, aber auch in Französisch, Japanisch, Türkisch und natürlich in Mongolisch. Das jüngste Buchkind «Der blaue Himmel» wurde ins Mongolische übersetzt und dazu wurde eine schöne Veranstaltung in Ulaan Baatar…